Die Extrameile gehen - Wie KMU die CSRD/ESRS-Meldedaten für die Transformation nutzen können

Die erweiterten EU-Berichtspflichten zur Nachhaltigkeit nach CSRD/ESRS stehen vor der Tür. Viele Unternehmen, insbesondere kleine und mittlere Unternehmen (KMU), fragen sich, was die Pflichten bedeuten und wie sie die Herausforderungen meistern können. Darüber haben wir in einem Panel auf dem Deutschen Nachhaltigkeitstag intensiv diskutiert. Eine Zusammenfassung der wichtigsten Inhalte und Erkenntnisse aus dem Panel finden Sie hier.

 

Moderiert wurde das Panel von Yvonne Zwick (Vorsitzende von B.A.U.M. e.V.). Nicolette Behncke (PwC) vertrat die Perspektive der Wirtschaftsprüfung auf Regulierung, Steffen Erath (Head of Sustainability bei Hansgrohe) und Philipp Petry (VP Group Sustainability bei TAKKT) vertraten die Perspektive von KMUs auf Reporting und Transformation sowie Innovation und Dr. Matthias Kannegießer (Gründer von score4more) die Perspektive der Nutzung von Daten für Transformation über Plattformen.

 

Im Check-in befragte Yvonne Zwick das Publikum online und vor Ort via Mentimeter: Welches Wort fasst die erweiterten Regulierungs- und Berichtsstandards zusammen? An erster Stelle stand das Wort " Komplexität" sowie viele verwandte Begriffe, die die Überforderung des Publikums zum Ausdruck brachten.

 

In einem nächsten Schritt wurden die wichtigsten Begriffe erklärt, um ein gemeinsames Verständnis im Raum zu schaffen. In Form eines Quiz von Yvonne Zwick mit Nicolette Behncke und Matthias Kannegießer wurden die wichtigsten neuen EU-Normen und Vorschriften für Unternehmen kurz vorgestellt. Es wurde diskutiert, wann und für wen die Normen gelten, was die Ziele der EU sind und welche zentralen Anforderungen erfüllt werden müssen.

 

Zu den diskutierten Themen gehörten

 

- EU CSRD (Corporate Sustainability Responsibility Directive) als Regelung für erweiterte nicht-finanzielle Berichtspflichten, die auf eine größere Anzahl von Unternehmen ausgeweitet wurde

 

- ESRS (European Sustainability Reporting Standards) als Berichtsstandard, der von der EFRAG (European Financial Reporting Advisory Group) im Auftrag der EU-Kommission entwickelt wurde und die Anforderungen der EU CSRD erfüllt

 

- EU-Taxonomie als Klassifizierungsstandard für den Finanzmarkt, um privates Kapital in nachhaltige Anlageformen umzuleiten

 

- CSDDD (Corporate Sustainability Due Diligence Directive) als "europäisches Lieferkettengesetz", das die Sorgfaltspflichten und das Risikomanagement in der Wertschöpfungskette regelt, insbesondere im Hinblick auf die Menschenrechte, aber auch die Umweltauswirkungen der Lieferanten

 

Die CSRD und das ESRS stehen für KMU im Mittelpunkt, da viele KMU zum ersten Mal davon betroffen sein werden.

 

Die Ergebnisse des Gremiums waren:

1. Wie die CSRD/ESRS dazu beiträgt, viele Unternehmen für Nachhaltigkeit zu aktivieren
Trotz aller übergreifenden Diskussionen über Klimawandel, Nachhaltigkeit und Transformation ist es nach wie vor so, dass die Mehrheit der Unternehmen, insbesondere im KMU-Sektor, noch keine ausreichenden Nachhaltigkeitsdaten zu nicht-finanziellen Themen erheben und veröffentlichen. Dies würde dem Finanzmarkt helfen, Kapital in nachhaltige Anlageformen umzuleiten.

 

Dies ändert sich mit der CSRD/ESRS. Viele Unternehmen, die bisher in der Nachhaltigkeitsberichterstattung inaktiv waren, werden nun durch die verpflichtende Regelung aktiviert. Laut einer PwC-Studie unter Unternehmen hat die CSRD/ESRS bereits konkrete Auswirkungen auf die Unternehmen und führt zu entsprechenden Nachhaltigkeitsaktivitäten. Das bedeutet, dass die Verordnung dazu beiträgt, eine größere Anzahl von Unternehmen für Nachhaltigkeit zu aktivieren.

2. Die Komplexität des ESRS ist die größte Herausforderung und gleichzeitig relativ


Der Aufwand und die Komplexität des ESRS wird von den Unternehmen als der größte Schmerzpunkt kritisiert. Das ESRS umfasst mehr als 200 Seiten und 1.000 Datenpunkte. Die Komplexität wirft immer die Frage nach dem Vergleich auf: Komplex im Vergleich zu was? Die Diskussionsteilnehmer zogen einen Vergleich mit der Finanzberichterstattung, in die Unternehmen ein Vielfaches an personellen und finanziellen Ressourcen investieren. Auch die IFRS (International Financial Reporting Standards) sind um ein Vielfaches umfangreicher als die ESRS. Die Unternehmen haben im Laufe der Jahre gelernt, diese Komplexität zu beherrschen, indem sie geeignete Systeme, Daten und Prozesse eingerichtet haben. Mit der CSRD/ESRS stellt die EU die Finanzberichterstattung und die Nachhaltigkeitsberichterstattung auf die gleiche Stufe. Dies hat zur Folge, dass die Unternehmen ihre Ressourcen zwischen Finanz- und Nachhaltigkeitsberichterstattung aufteilen müssen.

3. Keine Finanzierung ohne Daten: Der Nachhaltigkeitsbericht als Katalysator für nachhaltige Finanzierung


Warum ist der Wandel so langsam, insbesondere in Richtung Klimaneutralität? Ein Faktor ist laut EU-Kommission, dass privates Kapital aufgrund fehlender Daten noch nicht ausreichend in nachhaltige Unternehmen und Projekte umgelenkt wird. So komplex und umfangreich die CSRD/ESRS auch ist, sie bietet die große Chance, dass durch transparentere Nachhaltigkeitsdaten von Unternehmen auch nachhaltigere Anlageformen und Projekte für den Kapitalmarkt sichtbar werden. Dies wird nachhaltige Finanzierungen und damit die Umlenkung von privatem Kapital in nachhaltige Anlageformen in größerem Umfang und schneller ermöglichen.

4. Das größere "Warum" muss klar sein: Innovation und Zukunftsfähigkeit in KMU sollten die Hauptmotivation für Nachhaltigkeit sein.


Aus Unternehmenssicht sollte die Motivation für Nachhaltigkeit nicht die Einhaltung von Vorschriften oder Berichtsstandards sein. Vielmehr sollte sie vom Eigeninteresse getrieben sein, mit nachhaltigen Lösungen und Zukunftsfähigkeit Innovation und Geschäftserfolg zu erzielen. Es ist daher wichtig, das übergeordnete "Warum" und die Motivation für Nachhaltigkeit im Unternehmen im Blick zu behalten und Nachhaltigkeit als Innovationsprinzip und Transformationstreiber für das eigene Geschäftsmodell mit neuen Marktchancen zu verstehen.

5. Die Klimakrise lässt keine Zeit: Berichtsdaten müssen sofort verknüpft und für die Transformation genutzt werden


Anders als vor 15 Jahren besteht heute eine erhöhte Dringlichkeit: Wir haben keine Zeit mehr, die Berichts- und Prüfungsprozesse in den Unternehmen zu perfektionieren. Das 1,5°-Ziel mit einem CO2-Budget, das in wenigen Jahren aufgebraucht sein wird, erfordert eine sofortige Verzahnung und parallele Umsetzung von Reporting und Transformation. Statt Perfektion in Berichtswesen und Auditierung ist ein iterativer 80-20-Ansatz gefragt, bei dem Berichtsstrukturen und Daten schnell und schrittweise verbessert werden und parallel generierte Daten sofort für Transformation, Maßnahmen und Lösungen genutzt werden. Hier können Transformationsplattformen helfen, Entscheidungen direkt durch Datenvernetzung und unternehmensübergreifend zu beschleunigen. Das bedeutet, dass Unternehmen in den Herausforderungen des Reportings nicht isoliert bleiben, sondern durch die unmittelbare Vernetzung und den Austausch von Daten gemeinsam transformieren.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die CSRD/ESRS trotz ihrer Komplexität verschiedene Auswirkungen auf das Unternehmen haben kann:

 

- Ganzheitliche Betrachtung des Geschäftsmodells und der Transformationsmöglichkeiten: CSRD/ESRS strukturieren die ganzheitliche Bewertung der Nachhaltigkeitsleistung von Unternehmen. Dies geht über die reine Berichterstattung von Zahlen hinaus - es erfordert eine 360°-Analyse des eigenen Geschäfts, einschließlich der vor- und nachgelagerten Wertschöpfung mit Risiken und Chancen sowie positiven und negativen Auswirkungen. Dieser Prozess hilft den Unternehmen, sich grundlegend mit den Chancen, Risiken und Auswirkungen ihres derzeitigen Geschäftsmodells sowie mit den Möglichkeiten für einen Wandel auseinanderzusetzen.

 

- Innovation und Wettbewerbsfähigkeit: CSRD/ESRS schaffen Anreize für Unternehmen, innovative Lösungen zu entwickeln, um ihren ökologischen und sozialen Fußabdruck zu minimieren. Unternehmen, die proaktiv auf diese Herausforderungen reagieren, können nicht nur ihre Umweltauswirkungen verbessern, sondern auch ihre Wettbewerbsfähigkeit steigern. Innovation wird zu einem zentralen Bestandteil der nachhaltigen Transformation.

 

- Einbeziehung von Interessengruppen und Vertrauensbildung: CSRD/ESRS legen großen Wert auf die Einbeziehung der Stakeholder in den Berichtsprozess. Dies fördert eine offene Kommunikation und stärkt das Vertrauen zwischen Unternehmen und ihren Stakeholdern. Das Feedback der Stakeholder kann dazu beitragen, neue Perspektiven zu gewinnen und die Unternehmensagenda in Richtung Nachhaltigkeit zu lenken.


-Förderung einer Kultur der Verantwortlichkeit: Die Einführung von CSRD/ESRS kann dazu beitragen, eine neue Kultur der Verantwortlichkeit innerhalb des Unternehmens zu fördern. Die Mitarbeiter werden durch die zu berichtenden Daten zunehmend dafür sensibilisiert, wie ihr tägliches Handeln zur Nachhaltigkeitsleistung des Unternehmens beiträgt. Dies fördert nicht nur das Bewusstsein, sondern stärkt auch das Engagement der Mitarbeiter für nachhaltige Praktiken.

 

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die CSRD/ESRS einen ganzheitlichen Rahmen für die Berichterstattung der Unternehmen vorgibt. Die generierten Daten können dazu beitragen, Transformationen zu beschleunigen, wenn sie sinnvoll aufbereitet und unternehmensübergreifend vernetzt werden. Dies ist der Fokus von score4more als Transformationsplattform. Neben Reporting-Lösungen, die Unternehmen helfen, das Datenmanagement im Unternehmen zu beherrschen, vernetzen Transformationsplattformen generierte Reporting-Daten und bereiten sie so auf, dass Entscheidungen direkt unterstützt werden. So können einzelne Unternehmen und die Wirtschaft als Ganzes an Fahrt aufnehmen und die Parallelität von Reporting und Transformation herstellen. Wie Sie dies bei score4more umsetzen können, erfahren Sie in einem weiteren Blogbeitrag: Vier Schritte zum Nachhaltigkeitspionier